Das Heilige Jahr 2025
- Andreas Stipsits
- vor 5 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen
„Er hat mich gesandt, damit ich ... ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ (Lk 4,18-19 bzw. Jes 61,1-2)
2025 ist ein Heiliges Jahr in der Kirche, doch welche Bedeutung hat das für uns, warum ruft der Papst so etwas aus, bzw. warum kann er so etwas überhaupt ausrufen? Und was ist wichtig im Heiligen Jahr?
Hier ein paar Aspekte dieses Heiligen Jahres:
Die Tradition fürs Ausrufen eines Heiligen Jahres liegt bereits über 3.500 Jahre zurück. Mose war es, der von Gott diesen Auftrag als erster erhielt – lange vor der Prophezeiung von Jesaja:
„Im siebten Monat, am zehnten Tag des Monats, sollst du das schallende Horn ertönen lassen; am Versöhnungstag sollt ihr das Horn im ganzen Land ertönen lassen. Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus! Es gelte euch als Jubeljahr"… (Lev 28,9-10)
Dieses Heilige Jahr, das Gott von seinem Volk gefordert hatte, sollte einen „Schuldenschnitt“ machen und das Volk Gottes, im Land Israel, neu beginnen lassen. Gott machte ihnen bewusst, dass Er sie aus Ägypten befreit hat und ihnen das Land geschenkt hat – es gehört also nicht ihnen. Und der Herr befahl, dass deshalb auch keiner sein Haus, oder seine Landflächen, etc. für immer für sich beanspruchen sollte. 49 Jahre sollte man wirtschaften, die Felder bestellen etc. aber dann, im 50. Jahr, ist ein ganzes Jahr einmal Pause – ein Heiliges Jahr, angelehnt an die Sabbatruhe am 7. Tag der Woche. Aber nicht nur einen Tag, sondern eben ein ganzes Jahr. Wie der Sabbat heilig ist, so ist es auch dieses ganze Jahr und deshalb ein „Heiliges“ Jahr. In diesem Jahr hat Gott das Sagen und die Verhältnisse von arm und reich werden „ausgeglichen“. Das Land sollte neu verteilt und die Häuser mit den Besitztümern neu geordnet werden. D.h. wer reich wurde gab nach 49 Jahren das Erwirtschaftete dem Volk und denen, die arm oder in Schulden waren, wurde geholfen. So, dass ab diesem Jahr wieder neu begonnen werden konnte für weitere 49 Jahre.
Wenn wir das heute hören, kommt es uns etwas fremd und vielleicht ungerecht vor. Aber wir leben heute mit der Erkenntnis des Evangeliums: „Ebenso kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet“ (Lk 14,33), oder: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?“ (Mt 16,26).
Jesus macht uns bewusst, dass diese Welt nicht uns gehört und dass es nicht darum geht, reich zu werden und den Reichtum zu verteidigen, sondern davon anderen zu geben.
Damals, als der Herr das Gesetz gab, war dieses Evangelium noch nicht verkündet und das Gesetz des Mose war ein richtiges Geschenk Gottes, dass daran erinnern sollte, dass die Schuld nicht ewig bestehen bleiben soll. Die Menschen sollen nach 50 Jahren einander alles erlassen und neu beginnen. Punkt. Kein Nachtragen oder Jammern, oder Sich-Aufregen.
DAS war der tiefe Sinn des Jubeljahres: Einander alles zu Vergeben und eine Pause zu machen, um sich neu auf Gott auszurichten und dieses Jahr zu heiligen, wie Er heilig ist.
Jetzt kommt leider eine schlechte Nachricht: Das Volk Gottes hat dieses Gesetz leider niemals umgesetzt. Es blieb leider ein unerfüllter Wunsch Gottes und die Propheten haben das oft genug angeprangert – so auch Nehemia:
„Alle Leute weinten nämlich, als sie die Worte der Weisung hörten.“ (Neh 8,9)
Die Menschen weinten, als sie hörten, wie gut Gott mit seinem Volk umgegangen ist und was Seine Pläne gewesen wären und wie weit das Volk es mit ihrer Schlechtigkeit beantwortet hatte. Das bereuten die Menschen zutiefst. Und dann forderte Nehemia die Menschen auf sich zu freuen! Mitten im Leid und dem Bewusstsein, wie schwer die Schuld des Volkes vor Gott sein muss!
Genau das ist der Aspekt den Nehemia aufgriff: den, des Jubeljahres – des Heiligen Jahres! Nicht mehr an der Schuld festzuhalten – neu zu beginnen. Sich zu freuen an der Vergebung Gottes und diese Vergebung einander freigiebig zu gewähren und neu anzufangen.
Die Kirche hat diesen Wunsch Gottes aufgegriffen und alle 100 Jahre so ein besonderes Heiliges Jahr ausgerufen. Ganz nach dem Auftrag Jesu: „ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen.“ Jesus gab dem Petrus und damit den nachfolgenden Päpsten die Vollmacht diese Gnade der Barmherzigkeit Gottes durch ein Heiliges Jahr zu binden und alle Gnaden auszugießen, die Gott seinem Volk gewähren möchte. Die Entwicklung der Kirche hat dann bald gezeigt, dass 100 Jahre für manche Menschen nicht erlebbar sind und daher ab dem Jahre 1475 beschlossen, alle 25 Jahre so ein Heiliges Jahr auszurufen – so auch heuer.
Papst Franziskus hat dieses Heilige Jahr unter das Motto „Pilger der Hoffnung“ gestellt – wie passend: das Jubeljahr sollte dem Volk Gottes bewusst machen, dass sie nur Gast auf Erden sind und ihren Besitz nicht als ihr Eigentum betrachten sollten, sondern bereit immer wieder alles zu geben und neu zu beginnen. Der Papst erinnerte uns durch dieses Motto an den Gedanken Gottes: Pilger zu sein auf dieser Welt! Aber wir sollen nicht Pilger sein, die nicht wissen, wohin sie gehen, sondern Pilger „deren Hoffnung voll Unsterblichkeit ist!“ (Weish 3,4) Denn, „wir warten auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus“ (Tit 2,13)
„Wenn der Reichtum wächst, verliert nicht euer Herz an ihn!“ (Ps 62,11)
Wir sollen unser Pilgerherz an einer Hoffnung fest machen, die nicht unglücklich macht, wie schon der erste Papst seine Gläubigen ermutigt hat: „Wir erwarten gemäß seiner Verheißung einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt.“ (1 Petr 3,13)
Als Pilger der Hoffnung sollen wir also unsere Augen auf den Himmel richten und allen alles vergeben, um in diesem Jahr neu zu beginnen:
.) in menschlichen Beziehungen,
.) in der Heiligung unserer Finanzen, indem wir mit Spenden an Ärmere Gott zeigen, dass wir das Volk sind, das bereit ist Reichtum auch zu geben,
.) in heiligen Handlungen wie Gebet, Sakramenten und Wallfahrten.
Usw.
Besonders sei erwähnt, dass die Tradition der Kirche immer die Wallfahrt nach Rom als bindend für einen vollkommenen Ablass für das Heilige Jahr gesehen hat. Dorthin, wo Petrus seinen Sitz errichtet hat und von wo aus der „Schuldenschnitt“ gewährt wird. Deshalb ist auch in diesem Jahr 2025 im Petersdom die Heilige Pforte eröffnet geworden, durch die der Ablass, nach den üblichen Bedingungen (Gebet für den Papst, Hl. Messe mit Kommunion, sowie entschiedene Abkehr von der Sünde durch die Hl. Beichte) gewonnen werden kann.
Zudem hat der Papst aber auch zusätzliche Pforten in Rom (Lateran, etc.) eröffnet, sowie in den Diözesen den Bischöfen dazu die Vollmacht gegeben.
Das soll den Zweck haben, dass jene, denen eine Wallfahrt nach Rom körperlich nicht möglich ist, in den Diözesen diese Möglichkeit eröffnet wird. Aber es soll nicht aus Bequemlichkeit genutzt werden! Für jene, die es können, bleibt die Romwallfahrt die ordentliche Form der Gewinnung des Ablasses!
Mit diesen paar Gedanken möchte ich euch ermutigen sich in diesem Jahr besonders Gott zuzuwenden und die Gnaden ernst zu nehmen die Gott uns gibt – nicht zuletzt durch die Gottesmutter Maria, die selbst diese Gnade in diesem Heiligen Jahr uns zuruft:
„Liebe Kinder! In diesem Jahr der Gnade rufe ich euch zur Umkehr auf. Stellt Gott, liebe Kinder, in den Mittelpunkt eures Lebens und die Früchte werden die Liebe zum Nächsten und die Freude am Zeugnisgeben sein, und die Heiligkeit eures Lebens wird zum wahren Zeugnis des Glaubens werden. Danke, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid.“ (25.01.2025, Medjugorje)
Ich empfehle euch sehr, den Erlass des Papstes Franziskus zu diesem Jahr (Spes non confudit) zumindest ein einziges Mal in diesem besonderen Jahr zu lesen:
(*Für Informationen zum Autor dieses Artikels siehe das Impressum.)